SOUND

Klang erleben: Virtueller Ausstellungsrundgang

Raum 7: Eckhard Kuchenbecker

 

„Buzios“ - dieser lautmalerische Begriff beschreibt den Klang eines Objektes im Wind.
Wind ist nicht sichtbare Luftbewegung. Sie wird erst durch eine in der Luftströmung erzeugte Schwingung hörbar. Bewegung klingt. Die Installation steht in eigentlichem Zusammenhang mit portugiesischen und kretischen Windmühlen. Dort signalisieren die durch Windes Kraft vibrierenden Tontöpfe dem Müller verschiedene Betriebszustände der Mühle. Der Klang des Windes ist so vielfältig wie variationsreich seine Intensität ist und wie unterschiedlich die Objekte, die er auf seinem Weg umströmt.
Ich bin bei Tonaufnahmen zu einem Spielfilm auf Kreta zum ersten Mal auf diese Töpfe an Windmühlen- flügeln gestoßen. Es war windstill und kein Ton hörbar. Die bloße Vorstellung des Klanges über der Landschaft faszinierte mich. Ein befreundeter Tonmeister schickte mir die hier sicht- und hörbaren Tontöpfe aus Portugal. Ein herzliches Dankeschön schicke ich an Jürgen Hafner, für seine Kreativität mit der er mir half den Tontöpfen Klang zu entlocken und sie im Raum zu präsentieren.

Die Installation BUZIOS 2 besteht aus zwei „Windmühlenflügeln“ an denen Kopfhörer und die Tontöpfe befestigt sind sowie 2 Klangkompositionen. Über Lautsprecher sind Geräusche des Windes zu hören. Wehende, leichte Klänge, die sich im Raum bewegen. Eine zweite Klangebene ist über Kopfhörer zu hören. Diese Tonebene besteht hauptsächlich aus den vibrierenden Tontöpfen, die im Luftstrom wie Orgelpfeifen zu schwingen beginnen. Tiefe, dunkle Frequenzen bilden einen Kontrast zum Raumklang.

 

TONBAND
„Ton Band“ – sowohl das Wort wie auch die Geräte und der handwerkliche Umgang damit gehören zur Geschichte der Tontechnik. Das kinetische Objekt ist eine Widmung des Filmtonmeisters Eckhard Kuchenbecker an die analoge Zeit der 80er Jahre, dem Beginn seiner beruflichen Film- und Tonarbeit und an die Menschen, die ihn auf diesem Weg begleiteten.
Die Bewegungsenergie von Schallwellen versetzt eine feine Mikrofonmembran in Schwingungen. Diese bewegen eine Metallspule im Magnetfeld eines Dauermagneten und erzeugen in diesem Moment eine elektrische Spannung, die per Kabel zum Tonkopf des Tonbandgerätes fließt. Ein Elektromagnet wirkt je nach Lautstärke stärker oder weniger auf die Metallschicht des vorbeigeführten Tonbandes. Dabei wird dieses unterschiedlich stark magnetisiert. Metallpartikel speichern die akustische Information und werden zu Tonträgern. Bei der Wiedergabe erzeugt wiederum eine Spule aus dem vorbeigeführten Magnetband eine elektrische Spannung, welche am Lautsprecher Klang erzeugt.

 


 

Die Installation zeigt ein schwebendes, laufendes Tonbandgerät – NAGRA 4.2.
Es ist das gleiche Gerät, das ich am 22.Dezember 1991 bei Dreharbeiten zu einem letzten Kurzspielfilm mit meinen Freunden und Kommilitonen, an Bord eines Oldtimer-Flugzeuges benutzte. Plötzlich sah ich es damals vor mir in die Höhe fliegen, - in genau dem Moment, als unser Flugzeug, - eine mit 32 Menschen vollbesetzte DC3 in einem Wald in den Bergen über Heidelberg zerschellte und ich gleichzeitig das Bewusstsein verlor. - Wie ich viel später erfuhr, lief dieses Tonband nach dem Absturz weiter und wurde erst ungefähr 5 Stunden später von Mitarbeitern der Flugunfalluntersuchungsstelle Braunschweig auf dem Waldboden gefunden - mit immer noch sich drehender Spule. Danach konnte ich mich auf genau dieses Tonbandgerät für weitere 8 Jahre - bei 35 weiteren Filmproduktionen verlassen.

ECKHARD KUCHENBECKER, geboren 1961
Der Filmtonmeister und Tongestalter lebt und arbeitet seit 1968 in Aschaffenburg. Nach dem Kunstleistungskurs am FDG begann seine künstlerische Laufbahn mit dem Studium der Visuellen Kommunikation an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Nach Malerei und Zeichnung bildeten die Fächer Fotografie und Film seine berufliche Basis. Seit 35 Jahren arbeitet er für TV- und Kinoproduktionen als Filmtonmeister und Tongestalter. Seit 1994 folgten Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen. 2012 entwickelte er mit Lasse-Marc Riek die Veranstaltungsreihe „Hörsaal Aschaffenburg“. Parallel dazu entstanden Klanginstallationen im öffentlichen Innen- und Außen-Raum, sowie gemeinsame Arbeiten mit KünstlerInnen unterschiedlicher Sparten. „Ich beschäftige mich seit Langem mit dem Klang der Welt und künstlerischen Arbeiten, die aus originalen Geräuschen heraus entstehen. Meine Leidenschaft ist es, Klänge und Geräusche als wichtige Umgebungselemente wahrzunehmen. Ich versuche Ihnen meine eigene Hörbegeisterung zu vermitteln. Umgebungswahrnehmung geschieht multisensorisch und das Hören ist dem Sehen dabei mindestens gleichgestellt.“

 

„Ich beschäftige mich seit Langem mit dem Klang der Welt und künstlerischen Arbeiten, die aus originalen Geräuschen heraus entstehen. Meine Leidenschaft ist es, Klänge und Geräusche als wichtige Umgebungselemente wahrzunehmen. Tagtäglich empfinde ich Freude daran, in meiner Umgebung Geräusche, Töne und Klänge herauszuhören aus dem Lärm, – wie von vielen die Gesamtheit der Schallwellen oft empfunden wird. Das aus beruflichem Interesse entstandene Bewusstsein für den Klang meiner jeweiligen Umgebung, empfinde ich als persönliche Bereicherung meiner alltäglichen Wahrnehmung. Wir sind es nicht gewohnt, zu hören ohne Bezug zum Bild, solange Ton nicht Nachrichtentext oder Musik ist. Hörspielen zuzuhören ist eine neue Hör-Art neben der es zig andere für sich persönlich zu entdecken gibt.